• Gesellschaftliche Verantwortung

Hate Speech: Wenn Sprache zur Gefahr wird

Wenn es um Hass im Netz geht, fällt besonders häufig der Begriff „Hate Speech“. Doch was hat es damit genau auf sich und was kann man dagegen tun? Wir klären auf!

Egal ob auf Social Media, in Kommentarspalten von Online-Medien oder in Online-Foren: Hass im Netz ist mittlerweile zu einem gesamtgesellschaftlichen Problem geworden. Ein Teilbereich dessen ist Hate Speech, zu deutsch Hassrede. Was das genau ist, wer davon besonders häufig betroffen ist und was man dagegen tun kann, verraten wir euch in diesem Blogbeitrag.
 

Was ist Hate Speech überhaupt?

Der Begriff „Hate Speech“ stammt aus dem englischen Sprachraum und ist speziell in den USA in juristischen, soziologischen und politischen Diskursen verbreitet. Übersetzt bedeutet „Hate Speech“ so viel wie „Hassrede“. Gemeint ist damit jedenfalls ein Oberbegriff für verbal oder auch schriftlich geäußerte, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit wie zum Beispiel Sexismus, Rassismus oder auch Antisemitismus. Eines ist dabei wichtig zu wissen: Hate Speech ist kein reines Netzphänomen, sondern basiert auf analogen Diskriminierungs- und Machtstrukturen. Doch speziell die vermeintliche Anonymität und die Annahme, sich im Internet quasi in einem rechtsfreien Raum zu bewegen, begünstigen die rasante Verbreitung von Hate Speech über digitale Kanäle. 

Wie sieht Hate Speech aus?

Eine klare Definition, was unter Hassrede oder Hate Speech fällt, gibt es nicht. Oftmals wird der Begriff auch verwendet, wenn ganz allgemein von Hass im Netz die Rede ist. Grundsätzlich fallen unter den Begriff aber Beleidigungen, Aufrufe zur Gewalt, Drohungen und weitere Äußerungen gegen bestimmte Gruppen – und das mitunter auch unabhängig davon, ob diese strafbar sind oder nicht.

Veranschaulichen kann man die Thematik mit einem Beispiel: Wenn etwa eine Frau von ihrem Ex-Partner online beleidigt wird und dieser Lügen über sie verbreitet, dann ist das zwar unter Umständen strafbar, aber nicht unbedingt Hate Speech. Anders sieht es aus, wenn der Ex-Partner sexistische Inhalte teilt und beispielsweise alle Frauen als untreu oder hinterhältig beschimpft. Dies ist zwar nicht zwingend strafbar, weil es aber eine gesamte Gruppe von Menschen (in diesem Fall Frauen) betrifft, würde man hier von Hassrede oder Hate Speech sprechen. Zusätzlich kann Hate Speech auch indirekt verbreitet werden, etwa über das Teilen von problematischen Bildern oder Memes. Häufig wird Hate Speech so auch unter dem Deckmantel von „umstrittenem Humor“ getarnt.
 
Glühbirne

Gut zu wissen:

Hate Speech im Internet ist digitale Gewalt. Aber nicht jede Form von digitaler Gewalt ist auch Hate Speech.

Wer ist von Hate Speech betroffen?

Hate Speech richtet sich nicht gegen alle Menschen gleichermaßen: Während etwa Shitstorms oder Cybermobbing im Grunde jede:n treffen können, richtet sich Hate Speech vorrangig gegen Personen, weil sie einer bestimmten Gruppe zugeordnet werden. Sie erfahren Hass aufgrund ihrer Hautfarbe oder ihrer (vermeintlichen) Herkunft genauso wie aufgrund von Religion, Sexualität oder Geschlecht. Hate Speech kann aber auch jene treffen, die zwar selbst nicht einer der genannten Gruppen zugeordnet werden, aber online und offline für die Reche der genannten Personengruppen und Minderheiten eintreten.
 

Hate Speech ist eine Gefahr für Meinungsvielfalt und Demokratie

Dass Hate Speech problematisch ist, liegt auf der Hand – doch viele unterschätzen leider, welchen Schaden Hassrede einer Gesellschaft zufügen kann. Dass Hate Speech schwerwiegende Folgen für den Online-Diskurs hat, bestätigt auch eine Studie aus Deutschland, die 2023 in Auftrag gegeben wurde: Die repräsentative Studie „Lauter Hass – leiser Rückzug“ hat über 3.000 Internet-Nutzer:innen ab 16 Jahren befragt. Die Ergebnisse zeichnen ein ernüchterndes Bild: Jede:r Zweite (49% der Befragten) ist online schon einmal beleidigt worden. Der Großteil (89% aller Befragten) stimmt außerdem zu, dass Hass im Netz in den letzten Jahren zugenommen hat. Mehr als drei Viertel (76%) sind besorgt, dass durch Hass im Netz auch die Gewalt im Alltag zunimmt. Die Präsenz von Hate Speech im digitalen Raum hat auch eine Einschüchterung vieler Menschen zur Folge. Denn aus Angst, selbst angegriffen zu werden, trauen sich viele Internet-Nutzer:innen nicht, Hass-Kommentaren zu widersprechen. Auch das belegt die Studie: Mit 57% bekennt sich mehr als die Hälfte der Befragten aus Angst im Internet seltener zur eigenen (politischen) Meinung. 55% der Befragten beteiligen sich seltener an Diskussionen und 53% formulieren Beiträge bewusst vorsichtiger. Diese Entwicklung wiederum ist ein zentraler Bestandteil einer gefährlichen Abwärtsspirale: Denn wird Hate Speech – in welcher Form auch immer – nicht widersprochen, sinkt die Empörung darüber. Die abwertende Aussage gilt dann als „normal“. Die Folgen spüren nicht nur die Betroffenen, die Stimmung in der ganzen Gesellschaft wird feindseliger und der gesellschaftliche Zusammenhalt leidet unter Diskriminierung und Hass.

Was kann man gegen Hate Speech tun?

Die gute Nachricht ist: Gegen Hate Speech kann man aktiv vorgehen – es gibt sogar jede Menge Maßnahmen und Aktionen, um Hater:innen den Wind aus den Segeln zu nehmen:
 

Haltung zeigen mit Counter Speech

Counter Speech bedeutet so viel wie aktive Gegenrede und ist eine Reaktionsmöglichkeit auf Hassrede im Netz. Sowohl Einzelpersonen als auch Organisationen nutzen speziell in Sozialen Netzwerken häufig Counter Speech, etwa indem sie mit Argumenten arbeiten und die Strategien von Hater:innen offen legen. Ihre Gegenrede verpacken sie häufig mit Humor – aber nicht primär, um das diskriminierende Gegenüber umzustimmen, sondern um die stillen Mitlesenden zu erreichen. Also all jene, die sich nicht äußern oder noch keine gefestigte Meinung zu einer Diskussion haben. Counter Speech ist im Endeffekt aber auch digitale Zivilcourage, denn durch die Gegenrede zeigt man Solidarität mit Betroffenen von Hate Speech. Wichtig: Um nicht selbst Opfer von Hasspostings im Internet zu werden, achte aber darauf, auf deinem Profil nicht zu viele persönliche Informationen öffentlich preiszugeben und dich so angreifbar zu machen. 

Viele nützliche Tipps für die Formulierung einer Gegenrede findest du auf der Plattform von Safer Internet. Vergiss aber eines nicht: In manchen Fällen kann es sinnvoller sein, nicht auf Hasspostings einzugehen – Selbstschutz geht vor!

Hasspostings melden

Wenn Gegenrede nicht infrage kommt, empfiehlt es sich, Hasspostings bei den Betreibern von Social Media Plattformen, Online-Foren oder Websites zu melden. Meist kannst du dies ganz einfach über den „Melden“-Button machen, andernfalls empfiehlt es sich, die Administrator:innen der Website zu kontaktieren, um auf Inhalte, die Hass verbreiten, aufmerksam zu machen. Eine Anleitung, wie du auf verschiedenen Social Media Plattformen melden kannst, findest du in den Privatsphäre-Leitfäden von Saferinternet.at. 

Hater:innen blockieren

Zum eigenen Schutz ist es manchmal ratsam, Personen, die Hate Speech verbreiten zu blockieren. Eine Anleitung, wie du Hater:innen auf Social Media Plattformen blockieren kannst, findest du ebenfalls in den oben genannten Leitfäden von Saferinternet.at.
 

Hol dir Hilfe!

Speziell wenn du selbst von Hate Speech im Internet betroffen bist, empfiehlt es sich Hilfe bei Familie und Freund:innen zu suchen. Ganz wichtig: Du bist niemals alleine. Es gibt auch zahlreiche Beratungsstellen, an die du dich jederzeit wenden kannst. Einige listen wir hier auf:
 
  • Beratungsstelle #GegenHassimNetz: Hier kannst du Vorfälle melden sowie Hilfe erhalten, wenn es um die Löschung von Hasspostings geht. Die Beratungsstelle hilft bei jeglichen Vorfällen von Hass im Netz, inklusive Cyberstalking und Cybermobbing. 
  • FairesNetz.at: Auch hier kannst du Hass-Nachrichten melden und bekommst Unterstützung durch Anwält:innen.
 
  • Stopline.at: Illegale Inhalte zu sexuellem Missbrauch Minderjähriger und nationalsozialistischer Wiederbetätigung im Internet können auf dieser Plattform gemeldet werden.
  • Internet-Ombudsstelle: Bei dieser Meldestelle helfen dir ausgebildete Jurist:innen und Expert:innen weiter, auch in puncto rechtlicher Schritte.
 

Kenne deine Rechte

Auch wenn sich viele Täter:innen in Sicherheit wiegen, Tatsache ist: Das Internet ist KEIN rechtsfreier Raum. Hate Speech erfüllt in den meisten Fällen Straftatbestände – beispielsweise, wenn Kommentare den Kriterien der Verhetzung entsprechen. Dies ist wiederum dann der Fall, wenn Personen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer Gruppe herabgewürdigt und somit in ihrer Menschenwürde verletzt werden. Auch die Verherrlichung von Gewalt und die Aufforderung zu Gewaltmaßnahmen gegen diese Gruppen sind strafbar, genauso wie die Verwendung verbotener Symbole bzw. Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Dazu zählen etwa das Hakenkreuz oder die Fahne des „Islamischen Staats“. Setze dich daher mit der rechtlichen Situation auseinander, um im Ernstfall entsprechende rechtliche Schritte einleiten zu können. Mache dir zudem bewusst, dass du nicht allein mit der Situation bist. Gerade als Opfer von Hasskommentaren gibt es viele Beratungsstellen, die unterstützend zur Seite stehen und dir gegebenenfalls auch rechtlichen Beistand leisten.
 

Erstatte gegebenenfalls Anzeige

Wenn du dich ausreichend informiert hast bzw. Beratung erhalten hast, kann eine Anzeige der nächste logische Schritt sein. Falls dich Zweifel plagen, denke daran, dass du dadurch auch ein starkes Zeichen gegen Hass im Netz setzt und dazu beiträgst, dass das Internet ein sicherer Ort für alle wird. Strafrechtlich relevante Sachverhalte wie Drohungen, nationalsozialistische Wiederbetätigung oder auch Cybermobbing kannst du bei der nächsten Landespolizeidirektion zur Anzeige bringen. 
 

Wie sieht die gesetzliche Lage bei Hass im Netz aus? 

Mit 1. Jänner 2021 trat in Österreich das „Hass im Netz“-Gesetzespaket in Kraft. Zwar konnten Hasspostings schon davor verschiedene strafbare Tatbestände erfüllen, durch das Gesetzespaket wurden die Ansprüche jedoch ausgeweitet und die Durchsetzung des Rechts für Betroffene wesentlich erleichtert. Da sich Hass im Netz auf vielfältige Weise äußern kann, gibt es in puncto Straftatbestand auch keine einheitliche Definition oder Abgrenzung. Das bedeutet, dass Hasspostings im Internet im Grunde verschiedene Tatbestände erfüllen können. Neben dem „Verbotsgesetz“ können auch andere Delikte des österreichischen Strafgesetzbuches zutreffen, wie etwa:
 
  • Nötigung
  • Gefährliche Drohung
  • Beharrliche Verfolgung
  • Fortdauernde Belästigung im Wege einer Telekommunikation oder eines Computersystems
  • Verhetzung
  • Verleumdung
Anzeige kannst du erstatten, selbst wenn dir der Klarname des Verfassers bzw. der Verfasserin nicht bekannt ist. In diesem Fall kann die Staatsanwaltschaft den Täter bzw. die Täterin behördlich ausforschen. Die Anzeige selbst sowie das Strafverfahren sind für dich grundsätzlich kostenlos.
Übrigens: Opfer von Hass im Netz-Delikten haben unter bestimmten Voraussetzungen auch Anspruch auf kostenlose psychosoziale und juristische Prozessbegleitung. Nähere Infos dazu findest du auf der Website der österreichischen Justiz.
 
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Wie kann ich mich noch gegen Hate Speech wehren?

Grundsätzlich hast du immer mehrere Möglichkeiten: Zunächst kannst du das Hassposting etwa direkt bei der Plattform löschen lassen. Außerdem kannst du bei Gericht einen Antrag auf Unterlassung oder auf Entschädigung einbringen. Bei der Polizei kannst du zudem eine strafrechtliche Anzeige erstatten. Folgende Tipps können dir dabei helfen, dich gegen Hass im Netz zur Wehr zu setzen:
 

Mache einen Screenshot

Dokumentieren ist das A und O. Mache daher einen Screenshot des Hasspostings oder fotografiere den Bildschirm ab. Halte am besten den gesamten Thread fest. Dieser dient als Beweis für den Fall, dass Postings oder Kommentare von Verfasser:in oder Betreiber der Plattform gelöscht werden. Achte dabei unbedingt darauf, dass das Datum sichtbar ist. 
 

Beantrage die Löschung des Postings bei der jeweiligen Plattform

Große Plattformen im Internet sind dazu verpflichtet, ein Meldesystem (beispielsweise in Form eines Melde-Buttons) zu implementieren. Dort kannst du das Hassposting melden. Unabhängig davon, ob du durch einen allgemein einsehbaren Post angegriffen wurdest oder durch eine Privatnachricht, kannst du die jeweilige Plattform dazu auffordern, das Posting zu löschen. Bei offensichtlichen Rechtswidrigkeiten gilt eine Frist von 24 Stunden, wenn die Rechtswidrigkeit hingegen geprüft werden muss, stehen der Plattform maximal sieben Tage dafür zu. Falls das Posting nicht gelöscht wurde, wirst du über das mögliche Beschwerdeverfahren informiert.
 

Bringe einen Unterlassungsauftrag ein

Sollte die Plattform trotz deiner Aufforderung das Posting nicht löschen, kannst du diese verklagen. Das Formular für den Unterlassungsauftrag findest du auf justizonline.gv.at. Hier ist auch eine direkte Einbringung des Antrags möglich. Beachte aber: Für den Unterlassungsauftrag musst du circa 100 Euro bezahlen. 
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Entschädigung einfordern

Zusätzlich kannst du beim Gericht eine Entschädigung vom Medieninhaber (z.B. Inhaber:in eines Instagram-Profils) wegen Straftatbeständen wie übler Nachrede, Beschimpfung, Verleumdung oder Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs fordern. Dazu muss allerdings beim Gericht ein Antrag gestellt werden. Dieser kostet circa 270 Euro.
 

Für einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Internet: Der A1 digital.campus bietet Kurse für Schulklassen, Eltern und Pädagog:innen an

Die Digitalisierung hat einen enormen Einfluss auf unser Leben – und das macht natürlich auch vor den Jüngsten in unserer Gesellschaft nicht Halt. Der A1 digital.campus - die Bildungsinitiative von A1 - beschäftigt sich mit vielen hochaktuellen Themen für Kinder und Jugendliche im Internet und bietet diverse kostenfreie Workshops für Schüler:innen, Eltern und Pädagog:innen an. Im Workshop "Digitale Zivilcourage - Prävention gegen Extremismus" in Kooperation mit Saferinternet.at lernen Schüler:innen der 5. bis 8. Schulstufe in rund 120 Minuten, welche Schlüsselfaktoren zu gewaltbereitem Extremismus bei Jugendlichen führen können und was man dagegen tun kann. Anhand aktueller Herausforderungen wie Hetze, Cyber-Mobbing oder Fake-Profilen wird erarbeitet, wie ein respektvoller Umgang miteinander online aussehen kann und was digitale Zivilcourage bedeutet. Weitere Informationen gibt es auf der Seite des A1 digital.campus.
 
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