Die Cyberpunk-Debatte: Eine Gaming-Welt in Aufruhr
Über acht Millionen Vorbestellungen von Cyberpunk 2077 meldete Publisher CD Projekt RED. Auf keinen anderen Titel hat die Gaming-Welt mehr gewartet. Was kann schon groß schiefgehen wenn die Macher von „The Witcher 3“ ein neues Spiel herausbringen? Einiges, wie enttäuschte Spieler derzeit berichten.
Was ist da passiert?
Rückblick: Der polnische Publisher und Spieleentwickler CD Projekt RED hat sich mit den Rollenspielen der „The Witcher“-Serie einen Namen gemacht. Sympathische Polen, die Spiele ohne fragwürdige Gameplay-Mechaniken entwickeln, sondern bei denen das Erlebnis im Vordergrund steht, haben die Herzen der Spieler erobert. Sie nehmen sich Zeit, ihre Spiele mit Liebe zu entwerfen, achten auf die Details und merzen Fehler aus, statt Spiele voreilig auf den Markt zu werfen. Auch in der Developer-Community haben sie für positive Schlagzeilen gesorgt: Auf „Crunching“ (= massive Überstunden der Angestellten je näher der Release kommt) wolle man bei „Cyberpunk 2077“ nämlich verzichten.

Als der Publisher mehrmals den Release von Cyberpunk 2077 verschoben hat, reagierten die Fans traurig, aber verständnisvoll. Das Game galt als das am meisten erwartete des Jahres. Dennoch: Ein fertiges Spiel etwas später spielen zu können, ist besser, als ein unfertiges gleich zu bekommen – Spieler verstehen sowas. Außerdem wusste man, dass die Polen hochwertige Arbeit abliefern können. Ihr letztes Werk, „The Witcher 3: Wild Hunt“ gilt als eines der besten Rollenspiele. Dann, am 10. Dezember 2020 sollte es soweit sein. Cyberpunk 2077 wurde veröffentlicht. Und die Spielewelt war heillos enttäuscht.
Die Probleme
Bereits im Vorhinein war klar, dass CD Projekt RED das Crunching-Versprechen gebrochen hatte. Entwickler mussten bis an ihre Belastungsgrenzen arbeiten und das trotz mehrfacher Verschiebungen. Und das Ergebnis? Ein Spiel, das auf PC und den alten Konsolen PS4 und Xbox One erschienen ist und voller Fehler steckt. Spieler berichten von haufenweisen Bugs: Quest-Missionen können nicht beendet werden, Dialoge funktionieren nicht und Grafikfehler sieht man hinter jeder zweiten Ecke. Darüber hinaus sieht das Spiel auf den alten Konsolen richtig schlecht aus. Marketing-Versprechen wurden zuhauf gebrochen, der Ruf des unantastbaren Studios scheint schwer angekratzt.
Was im Hintergrund zu einem derartigen Release-Fiasko geführt hat, darüber kann nur spekuliert werden. Einige sind der Meinung, dass die Entwickler das Spiel nicht auf den alten Konsolen hätten herausbringen dürfen. Die sieben Jahre alte Hardware sei schlicht nicht in der Lage so ein Spiel flüssig wiederzugeben. Aktuell befinden wir uns aber noch in einer Übergangsphase. Viele warten mit einer Anschaffung der neuen Konsolen noch und wären enttäuscht gewesen, wenn Cyberpunk 2077 nur auf PS5 bzw. Xbox Series X erschienen wäre.

Die Bemühungen das Spiel auf den alten Systemen zum Laufen zu bringen haben sich aber auch negativ auf die PC-Fassung ausgewirkt. Dort sieht Cyberpunk 2077 zwar wesentlich besser aus und nutzt neue Technologie wie Raytracing und DLSS von Nvidia, dennoch stolpert man gelegentlich über Spiel- und Grafikfehler, die zwangsläufig zu einem Neustart führen. Eines ist klar: So etwas hätte nicht passieren dürfen. Die Folgen: Der Hersteller muss mit Nachdruck an Fehlerkorrekturen arbeiten und Schadenbegrenzung in hohem Maße betreiben.
Dear gamers, we’re sorry
Es ist eine Sache, Fehler zu machen und es ist eine ganz andere Sache, Fehler zuzugeben und daran zu arbeiten, diese wiedergutzumachen. Dass CD Projekt RED und die sympathischen Polen Fehler gemacht haben, ist ihnen offenbar klar. Sie haben vier Tage nach Release nicht nur bereits einen ersten Not-Patch herausgebracht, der gröbere Fehler behebt, sie haben via Twitter zudem ein Statement veröffentlicht, das man von anderen großen Publishern so wohl nie lesen wird.
Sie entschuldigen sich darin dafür, im Vorhinein kein Gameplay-Material des Spiels auf den alten Konsolen gezeigt und Spieler so eventuell in die Irre geführt zu haben. Zudem versprechen sie zwei weitere große Patches im Jänner und Februar zu veröffentlichen, welche die Spielerfahrung anheben sollen. Außerdem, und das dürfte selbst große Kritiker überraschen, wollen sie allen enttäuschten Käufern einen Refund ermöglichen – selbst, wenn man das Spiel digital erworben hat. Dafür wurde eigens eine Kontaktadresse eingerichtet.
Das Gute
Dieses ganze Drumherum wirft (zurecht) einen unglaublich schlechten Schatten auf ein Spiel, das eigentlich so gut sein hätte können. Internationale Testberichte sowie meine eigene Spielerfahrung zeigen, dass Cyberpunk 2077 tolle Gameplay-Mechaniken, spielerische Freiheit sowie eine spannende Story und Potential bietet, mich für viele Stunden an den PC zu fesseln.
Trotz der Fehler und Probleme kann Cyberpunk 2077 (vor allem auf dem PC) schon jetzt großen Spaß machen. Das Spiel entführt in eine futuristische Welt, in der Mensch und Maschine zunehmend miteinander verschmolzen sind und wir uns mit Cyberware aufwerten können, um die eigenen physischen und kognitiven Fähigkeiten zu verbessern.
Zu Spielbeginn erstellt man sich einen eigenen Charakter im Editor und wird anschließen entlassen in die düstere Stadt Night City, in der man machen kann, was immer man möchte. Man folgt einem von drei Lebenswegen und passt mit zunehmendem Spielverlauf seinen Charakter an den individuellen Spielstil an. Ob man lieber schießwütig durch die Gegen läuft, lautlos Objekte in der Umgebung oder die Software der Gegner hackt oder sich im Nahkampf beweist, bleibt jedem selbst überlassen. Ebenso individuell ist das Ende der Story, denn man trifft immer wieder Entscheidungen die Auswirkungen auf das Ende haben.

Fazit
Ich persönlich spiele Cyberpunk 2077 auf dem PC und habe dort großen Spaß mit dem Game. Ja, es hat auch hier Fehler: Dreimal musste ich bereits einen Spielstand neu laden, um Fehler zu beheben. Dennoch kann ich darüber hinwegsehen (was auch an der grandiosen Inszenierung und Grafikpracht liegt). Konsolenspieler sollten aktuell jedoch lieber auf die angekündigten Patches warten, von einem Kauf zum jetzigen Zeitpunkt würde ich abraten.
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