TikTok: Wie die beliebte Video-Plattform das Smartphone erobert
Sie gehört zu den meist heruntergeladenen Apps, schnappt Facebook, Instagram und Snapchat die Nutzer vor der Nase weg und fesselt eine ganze Generation an die Smartphones: TikTok ist da und es ist gekommen, um zu bleiben. Doch was steckt eigentlich alles hinter der Video-Plattform?

Weltweiter Erfolg
TikTok ist ein soziales Video-Netzwerk, das aus der Lip-Sync-App musical.ly entstanden ist. Die App gibt es mittlerweile in 65 Sprachen und in 175 Märkten und zählt angeblich bereits eine Milliarde Nutzer. Diese haben auf der Plattform die Möglichkeit, kurze (10 und 60 Sekunden lange) unterhaltsame, informative und kreative Videos zu schauen oder selbst hochzuladen. Bereits beim Öffnen der App wird klar, dass der Fokus auf dem Konsum von Videos liegt. Ohne eine Registrierung kann man auf der App unzählige Videos schauen und es gilt: Wer einmal anfängt zu swipen, ist oft für eine lange Zeit vor den Screen gefesselt. Die durchschnittliche Dauer einer Session ist auf TikTok nämlich überdurchschnittlich hoch. Der ausgeklügelte individualisierte Feed hat dabei Suchtpotential, denn hinter jedem Swipe könnte sich ein noch lustigeres Video verstecken. Nutzer können außerdem über Hashtags an weltweiten Challenges teilnehmen, Freunde einladen und herausfordern, anderen Konten folgen und natürlich Kommentare hinterlassen.
Algorithmus mit Suchtgefahr
Der Schwerpunkt liegt also vor allem auf der Unterhaltung der Community. Es gibt auch schon einige bekannte Marken auf TikTok. Deren Inhalte werden Usern aktuell aber nur dann präsentiert, wenn sie für diese auch relevant und lustig sind. Der dahinterstehende Algorithmus der App stammt laut Basic Thinking von der Nachrichten-App „Toutiao“, einem Unternehmen von ByteDance. Bei diesem ist das Besondere: Jedes Video hat das Potential, ein weltweiter Hit zu werden. Der Account dahinter ist nicht so wichtig. Wer „viral“ werden möchte, braucht lediglich eine gute Idee und die entsprechende Möglichkeit zur Umsetzung. Dabei bietet die App selbst bereits einen integrierten Videoeditor, der es erlaubt, seine Medien einzufügen, Clips zusammenzuschneiden und etliche Filter zu integrieren. Videos werden zudem oft mit bekannten Musikhits unterlegt. Für die entsprechenden Rechte sorgt TikTok selbst. Kernzielgruppe der App sind Kinder und Jugendliche zwischen 13 und 18 Jahren. Darüber hinaus ist die App aber auch bei immer mehr „Millennials“ bis Anfang 30 beliebt.

Datenschutzbedenken
Weniger beliebt ist TikTok bei einigen Datenschutz-Forschern. Der Firmensitz der App ist zwar in den USA, die Zentrale ByteDance operiert jedoch in und aus China. Ein Land, in dem es bekanntlich weder Presse- noch Meinungsfreiheit gibt und wo große Unternehmen oft in Abhängigkeit zur Regierung stehen. Verbindungen von ByteDance zur chinesischen Regierung sind offiziell zwar nicht vorhanden, um es durch die strenge Zensurbehörde der Regierung zu schaffen, ist eine gewisse Werteeinstellung aber nötig. Die Behörde prüft nämlich regelmäßig hochgeladene Inhalte, ob die Linie der Regierung eingehalten wird. Andernfalls werden Seiten und Dienste geschlossen sowie Inhalte gelöscht.
Inhalte werden überprüft
Auch TikTok lässt hochgeladene Inhalte von einer KI und/oder echten Menschen prüfen. Das kann und soll verhindern, dass Gewalttaten und illegale Inhalte verherrlicht & verbreitet werden und ist generell nicht unüblich für ein soziales Netzwerk. Das kann allerdings auch dazu führen, dass Meinungen unterdrückt werden und Videos, bei denen sich User kritisch äußern, gelöscht und blockiert werden. Beim so genannten Softbann zum Beispiel wird ein betroffenes Video weiterhin in der eigenen Liste der hochgeladenen Videos angezeigt, außer dem Ersteller (der oft nichts bemerkt), bekommt aber niemand sonst den Inhalt zu sehen. Das kann grundsätzlich zur Manipulation von Meinungen führen. Beachtet man die junge Zielgruppe der App, die oft noch nicht über die nötigen Kompetenzen verfügt, Inhalte selbst kritisch zu hinterfragen und „Fake News“ auf den Grund zu gehen, sollte also Vorsicht geboten sein.

Änderungen werden umgesetzt
Anfang des Jahres hat TikTok allerdings auf Kritik reagiert und die Community- sowie Moderationsrichtlinien überarbeitet, um einzelnen Ländern mehr Handlungsspielräume zu geben. Das strikte Vorgehen von TikTok gegen politische Themen hat sich daraufhin etwas gelockert. Generell wird auf Kritik offen reagiert und Maßnahmen werden tatsächlich umgesetzt. So auch in Bezug auf die Datenschutz-Debatte: TikTok gewinnt natürlich haufenweise Nutzerdaten. Bis 2019 wurden diese auch auf chinesischen Servern verarbeitet und gespeichert. Seitdem werden die Daten laut eigenen Angaben aber ausschließlich lokal gespeichert. Daten heimischer Nutzer bleiben also auf europäischen bzw. USA-Servern.
Trump vs. TikTok
Dennoch spricht die US-Regierung offen Sicherheits- und Datenschutzbedenken gegenüber TikTok aus. Trump sieht in der App eine Gefahr für die nationale Sicherheit und will die App per Dekret verbieten, sofern nicht ein US-Unternehmen TikToks örtliches Geschäft in den USA übernehme. Die Verhandlungen zwischen Microsoft und TikTok laufen. Doch sowohl die App als auch die chinesische Regierung fühlen sich ungerecht behandelt. TikTok betont den guten Willen: Seit Jahren arbeiten sie an der Verbesserung ihrer Anwendung und beklagen die Willkür des Präsidenten, der ohne ein Gerichtsverfahren einfach entschieden hat. Es bleibt spannend.
Fazit
Alles in allem ist TikTok für Millionen Jugendliche aus ihrem Alltag nicht mehr wegzudenken. Allein aus diesem Grund, sollte man sich mit der App zumindest einmal auseinandergesetzt haben. Auch wenn sich in den USA bereits ein breiter Markt etabliert hat, steckt TikTok in Europa jedoch noch in den Kinderschuhen – dennoch machen sich neben normalen Usern immer mehr Influencer, Promis und bekannte Marken auch bei uns langsam auf der Plattform breit. Wer selbst einen Blick in das Video-Netzwerk werfen möchte, sei gewarnt: Wer einmal damit anfängt, kann schnell in den Bann gezogen werden.
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