Im Test: Das High-End Smartphone Huawei P20
Toller Look trifft auf starken Prozessor und ambitionierte Kamera: Das Huawei P20 fühlt sich im Test verdächtig stark wie ein iPhone X an. Das liegt nicht nur am Design, sondern auch an der Android Oberfläche EMUI 8.1, die wir schon vom Vorgänger P10 und anderen Huawei Smartphones kennen. Zusammen mit dem P20 sind auch das P20 lite und das P20 Pro erschienen – die Qual der Wahl also für Fans der Huawei P-Serie. Wie sich das aktuelle Smartphone-Flaggschiff gegenüber seinen Geschwistern schlägt, finden wir im Test heraus.
Lesedauer: ca. 5 Minuten | Die wichtigsten Eigenschaften im Überblick: 5,8 Zoll FullView 2.0 Display mit (ausblendbarem) Notch, hochwertiges Design, Dual Kamera
Wer ein modernes Smartphone möchte, kommt derzeit an Huawei kaum vorbei: Die gesamte P20-Serie sieht rein optisch so aus, wie man sich ein Smartphone im Jahr 2018 vorstellt. Auch die Ausstattung kann sich sehen lassen: Gesichtserkennung, Dual Kamera, Super Slow Motion und Dolby Atmos. Für all das muss man allerdings auch ein paar Vorbehalte in Kauf nehmen: Es gibt keine Kopfhörer-Klinke und keinen Speicherkarten-Slot. Im Test finden wir heraus, ob die anderen Vorzüge darüber hinweg trösten können.
Design
Wie schon beim Test des P20 lite fällt auf: Huawei hat sich deutliche Anleihen bei Apple genommen. Legt man ein iPhone X und das Huawei P20 nebeneinander, muss man schon zwei Mal hinsehen um Unterschiede zu erkennen. Einer fällt dann aber doch recht schnell auf: Beim Huawei P20 gibt es unterhalb des Displays einen Home-Button samt Fingerabdrucksensor – und das, obwohl das P20 auch die Entsperrung via Gesichtserkennung beherrscht. Nicht verlassen sollten man sich dabei aber auf Sicherheit auf einem Niveau, wie Apple es mit Face ID bietet: Ich konnte das P20 via Selfie Foto meines Galaxy S7 entsperren. Das liegt daran, weil nur das iPhone X eine via Infrarot-Scan erstellte 3D Karte, also einen biometrische Erfassung, des Gesichts anfertigt. Beim P20 (und anderen Android Smartphones mit Gesichtserkennung) sollte man dieses Feature also lieber deaktivieren und auf den guten alten Fingerabdrucksensor zurückgreifen.
Verarbeitung top! Fehlender Klinkenanschluss, dafür Stereo-Sound | Bild: A1/Wolfgang Hammer
Abgesehen davon muss sich das P20 in Punkto Design aber nicht vor der Konkurrenz aus dem Hause Apple verstecken. Die Verarbeitung ist fabelhaft, Spaltmaße oder andere Fertigungsschwächen sind nicht auszumachen. Der Rahmen wird nur durch sehr dezente und kaum sichtbare Antennenstreifen unterbrochen. Entsprechend wertig fühlt es sich auch an, wenn man es in die Hand nimmt: Der abgerundete Metallrahmen schmiegt sich gut in die Hand, nur Fingerabdrücke auf der Rückseite muss man wegen des verwendeten Materials Glas in Kauf nehmen. Und man sollte es nicht auf abschüssigen Flächen legen – da rutscht es leicht herunter: Sturzgefahr.
Das aktuelle Notch-Triumvirat: P20, iPhone X und P20 lite (im Uhrzeigersinn) | Bild: A1/Wolfgang Hammer
Der Gesamteindruck ist absolut positiv: Ich finde die gesamte Huawei P20-Serie rein optisch äußerst gelungen. Ob der Notch allerdings wirklich notwendig ist, sei dahingestellt: Beim iPhone verbergen sich dahinter immerhin wichtige Sensoren für FaceID. Bei Huawei sind „nur“ die Frontkamera und der Telefonlautsprecher darin untergebracht, diese zwei Elemente hätte man bestimmt auch ohne Notch unterbringen können. Sei’s wie es sei: Als großer Anhänger der dezenten Ausbuchtung am oberen Displayrand finde ich dieses Designmerkmal äußerst gelungen.
Display
Interessanterweise ist das Display am P20 um eine klitzekleine Spur kleiner als jenes vom P20 lite: 5,8 Zoll anstatt 5,84 beim P20 lite. Die Auflösung ist allerdings gleich – sie beträgt 2.240 x 1.080 Pixel, also Full HD bei einer Pixeldichte von 429 Pixel/Zoll. Es lohnt sich ein Blick auf die Technologie: Im P20 lite ist ein IPS-LCD Display verbaut. Beim P20 gibt es „nur“ LTPS IPS LCD. Am Papier ist das etwas kontrastärmer, in der Praxis konnte ich allerdings keine Unterschiede feststellen.
Der Notch hat sich bei Huawei nun endgültig in der Designsprache festgesetzt | Bild: A1/Wolfgang Hammer
Wie bei der gesamten P20-Serie verfügt das Display am oberen Rand über eine Einbuchtung, wie wir sie bereits vom iPhone X kennen. Wie weiter oben bereits gesagt handelt es sich dabei aber um eine reine Designentscheidung, einen echten Nutzen hat die Notch am P20 nicht. Anders beim iPhone X: Dort ist die True Depth Kamera für FaceID verbaut, in Punkto Sicherheit eine der besten Entsperrmethoden überhaupt. Beim P20 hingegen wird das Gesicht nur zweidimensional und ohne biometrische Abtastung gescannt. Fazit: Der Notch sieht schick aus, eine echte Berechtigung gibt es dafür aber nicht.
Ausstattung
Das P20 (und auch das P20 pro) hat sichtlich Anleihen am im Dezember erschienenen Huawei Mate 10 Pro genommen – mit dem Kirin 970 Prozessor bei 4x @2,36 GHz und 4 x @1,8 GHz samt Mali G72 Grafikbeschleuniger ist exakt dieselbe Hardware verbaut. Einzig beim Arbeitsspeicher muss man mit „nur“ 4 GB gegenüber 6 GB beim Mate 10 Pro auskommen. Was bedeutet das in der Praxis? – Bedienung läuft blitzschnell, App-Wechsel ebenso und 3D Spiele laufen butterweich in der höchsten Detailstufe.
Das Galaxy S9, Xperia XZ2 und Huawei P20 im Vergleich | Grafik: A1/Wolfgang Hammer
Ein Smartphone wie das P20 muss sich aber auch in Benchmark Tests mit anderen Rivalen messen – immerhin die reine Rechenleistung für viele ein Kriterium beim Smartphone-Kauf. Und da gibt es zum Beispiel mit dem Samsung Galaxy S9 oder dem Sony Xperia XZ2 relativ deutlich bessere Kandidaten.
Im Benchmark Vergleich hängt Sony alle ab | Grafik: A1/Wolfgang Hammer
Bei AnTuTu kommt das P20 auf weniger Punkte als die direkte Konkurrenz – und auch um eine Spur weniger als das Huawei Mate 10 Pro, das dank etwas mehr Arbeitsspeicher auf ca. 217,000 Punkte kommt. Über 200.000 Punkte sind allerdings für sich genommen ein sehr guter Wert und eines Spitzen-Smartphones würdig.
Fürs Spielen ist derzeit das Sony Xperia XZ2 das Maß aller Dinge | Grafik: A1/Wolfgang Hammer
Ein ähnliches Ergebnis zeigt sich bei 3DMark: Nur bei 3D Anwendungen via Vulcan kommt das P20 auf einen ähnlichen Wert wie die Konkurrenz. Der Abstand zum Galaxy S9 ist allerdings gering, frappant ist da schon eher der Abstand zum Xperia XZ2. Der Grund ist schnell erklärt: Sony verbaut im XZ2 mit dem Qualcomm Snapdragon 845 den aktuell schnellsten Prozessor. Wobei man davon im alltäglichen Gebrauch nichts bemerkt, aktuelle 3D Spiele für Smartphones bringen keines der drei Geräte auch nur annähernd ans Limit. Erwähnenswert ist noch die Tatsache, dass das P20 kein Bluetooth 5.0 unterstützt – angesichts der fehlenden Kopfhörer Klinke etwas enttäuschend.
Künstliche Intelligenz
Ein Merkmal, mit dem Huawei schon bei Einführung des Huawei Mate 10 Pro geworben hat, ist nun auch am P20 gelandet – die künstliche Intelligenz mit dezidiertem NPU, also einem eigenen Chip nur für diese Berechnungen. Am meisten bemerkt man sie bei Fotos: Der sogenannte 4D Fokus berechnet Bewegungen von Objekten voraus, um sie immer in optimaler Schärfe darzustellen. Der Intelligenz erkennt darüber hinaus auch alle möglichen Szenen – also ob es sich beim Foto um ein Portrait, eine Landschaft, einen Schnappschuss mit vielen Blumen, Essen, etc… handelt und stimmt den Weißabgleich auf diese Motive automatisch ab. Bei Portraits kann darüber hinaus ein Bokeh-Effekt erzeugt werden. Daneben reguliert die NPU auch das Zusammenspiel zwischen Hardware und Software: Beispielsweise werden im Hintergrund nicht verwendeten Anwendungen geschlossen und der Prozessor reguliert, um Akku zu sparen.
Kamera
Der Frühling bietet Fotomotive hin Hülle und Fülle | Bild: A1/Wolfgang Hammer
Neben dem gelungenen Design versucht Huawei besonders über die Kamera neue Käufer zu gewinnen. Und zumindest am Datenblatt überzeugt das P20 schon einmal: Es gibt zwei Linsen – eine davon mit 12 Megapixel bei ƒ/1,8 mit einer Pixelgröße von 1,55 µm samt optischer Bildstabilisierung. Und eine zweite Leica Linse bei 20 Megapixel und ƒ/1,6 mit 2-fach Zoom. Die Aufnahmen des RGB und des Schwarz-Weiß Sensors werden dann zu einem Bild kombiniert – also addiert, woraus mehr Details, höherer Kontrast und natürlichere Farben entstehen. Damit es immer scharfe Bilder gibt, kombiniert Huawei gleich mehrere Arten um in den Fokus zu kommen: Phasenerkennung, Laser Autofokus und Kontrast – dadurch sollte für den Fokus die aktuelle Lichtstimmung kaum mehr eine Rolle spielen. Die Pixelgröße mit 1,55 µm ist ebenfalls erwähnenswert. Kurz gesagt: Je größer die Pixel, desto mehr Licht und weniger Rauschen – das P20 übertrifft damit Flaggschiffe wie das Samsung Galaxy S9 oder das Sony Xperia XZ2.
Dank extrem schnellem und akkuratem Fokus bleiben viele Details erhalten | Bild: A1/Wolfgang Hammer
Wie bei allen Flaggschiffen unterstützt das P20 auch Super Slow Motion bei 960 Bildern/Sekunde bei 720p – also so wie beim Galaxy S9, das Sony Xperia XZ2 ist das bisher einzige Smartphone, das Superzeitlupe auch in Full HD unterstützt. Sehr positiv finde ich, dass das P20 aus 0,25 Sekunden 8 Sekunden macht – während das S9 und das XZ2 „nur“ aus 0,2 Sekunden 6 Sekunden machen. Die Auslösung funktioniert wie beim XZ2 nur manuell, exklusiv bei Samsung gibt es die praktischere, automatische Auslösung, sobald sich in einem vordefinierten Fenster etwas bewegt. Die KI am P20 sollte eigentlich ebenfalls dazu in der Lage sein, bleibt zu hoffen dass Huawei via Softwareupdate hier nachlegt.
Kunstlicht? – Kein Problem | Bild: A1/Wolfgang Hammer
Bei schlechteren Lichtverhältnissen ist es erstaunlich, wie schnell der Autofokus reagiert und wie einfach es ist, verwackelungsfreie Aufnahmen zu machen. Gerade bei der Stabilisation macht sich die künstliche Intelligenz bezahlt.
Die KI erkennt Szenen mit Lebensmitteln automatisch und sorgt für Farben zum Anbeißen | Bild: A1/Wolfgang Hammer
Wie schon weiter oben gesagt passt die KI Weißabgleich und andere Einstellungen analog zum Motiv an. Bei einem kunterbunten Motiv wie einem Marktstand gibt es zum Beispiel kräftigere Farben, also höhere Sättigung als bei einem Landschaftsfoto.
Das P20 ist übrigens auch hervorragend für Selfies geeignet: Dafür stehen bei der Frontkamera ganze 20 Megapixel bei ƒ/2,0 zur Verfügung – samt Autofokus, um für jede Situation gerüstet zu sein. Dank künstlicher Intelligenz kann jede Portraitaufnahme dann mit professioneller Ausleuchtung hinterlegt werden. Damit gelingen Selfies fast so gut wie im Fotostudio.
Akku
EMUI 8.1 – die hauseigene Android Oberfläche von Huawei – kennt eine Menge Modi um Strom zu sparen. Einerseits kann die Bildschirmauflösung gedrosselt werden, andererseits werden stark Energie verbrauchende Apps rasch identifiziert und Optimierungen vorgeschlagen. Auch ohne all diese Modi kommt man dank 3.400 mAh Akku gut durch den Tag – in meinen drei Test-Tagen musste ich es sogar nur einmal laden. Per Quickcharge ging das in nur 90 Minuten.
Fazit
Huawei macht mit der P20-Serie im Allgemeinen und dem P20 im Speziellen vieles Richtig: Vorbei sind die Zeiten, bei denen man als Smartphone Besitzer manchmal Kompromisse eingehen musste. Wie zum Beispiel gutes Design, aber lahme Kamera. Beim P20 vermisse ich eigentlich nur den Kopfhörer Anschluss und Bluetooth 5.0 – die fixe Speichervorgabe kann leicht durch Cloud Dienste überbrückt werden.
Ein Smartphone wie eine Steilvorlage: Das Huawei P20 | Bild: A1/Wolfgang Hammer
Es überwiegen im Test ganz klar die positiven Eindrücke: Design und Display sind top, die Kamera macht genauso viel Freude wie jene vom Galaxy S9 und an der Leistung gibt es ebenfalls kaum etwas auszusetzen – wenn es auch mit dem Xperia XZ2 oder dem S9 schnellere Smartphone-Boliden gibt. Ob Huawei damit sein rasantes Wachstum fortsetzen kann? – Mit dem P20 Pro gibt es starke hauseigene Konkurrenz, Apple und Samsung muss man ohnedies immer auf der Rechnung haben. Ich für meinen Teil kann aber sagen, dass es mittlerweile reine Geschmackssache ist, ob man zu einem P20, einem S9 oder einem iPhone X greift: Eine High-End Smartphone mit entsprechend hoher Qualität in allen Belangen kauft man damit in jedem Fall.
Die technischen Daten im Überblick
- Abmessungen: 149.1 x 70.8 x 7.7 mm, 165 Gramm
- Betriebssystem: Android 8.1 – Oreo
- Display: 5,8 Zoll LTPS IPS LCD Display bei 2.240 x 1.080 Pixel = 429 ppi
- Kamera: Dual-Kamera mit 20 MP (Monochrom bei ƒ/1.6) und 12 MP (Farbe bei ƒ/1.8) und 24 MP Frontkamera (für Selfies) bei ƒ/2.0, Dual LED
- Prozessor: Kirin 970, 4 x 2,36 Gigahertz & 4 x 1,8 Gigahertz
- Speicher: 4 GB RAM; 128 GB interner Speicher – nicht erweiterbar
- Akku: Li-Polymer mit 3.400 mAh – nicht wechselbar, Fast Charging
- Konnektivität: GSM/EDGE/UMTS/LTE, WLAN, Bluetooth 4.2
Jowi
Ganz schön viele Huawei Rezensionen hier.
A1 Blog Redaktion
Hallo Jowi, die Huawei P20 Serie ist auch ganz besonders gut gelungen! lg Wolfgang
Gönner Manfred
Sehr interresante unnd informative
Beiträge.
MFG GÖNNER MANFRED